Rede zur Verabschiedung von Herrn Horst Brodbeck, Leiter des Magazins, gehalten am 12.
Dezember 1996 bei der von Herrn Horst Brodbeck und Herrn Günther Riester, Leiter der
Hausverwaltung, anläßlich ihrer zum Jahresende bevorstehenden Pensionierung im
Sitzungszimmer der UB Tübingen gemeinsam veranstalteten Feier.
Im Magazin
von Bernd Stutte
Im Magazin, schon morgens um halb acht,
wenn mancher Zeitgenosse, kaum erwacht,
verdrießlich schlendert durch die Gänge,
hört überrascht er fröhliche Gesänge.
"Es grünt so grün, wenn Spaniens Gärten
blühn"
und and're Schlager, Operettenmelodien,
gesungen und gepfiffen ganz exakt;
der Bücherwagenräder Unwucht gibt den
Takt.
Den müden Zeitgenossen regt das an.
Er fragt: "Wer ist denn jener Mann,
der, just im Dienst, frühmorgens ungeniert
bereits des Lebens frohe Seiten anvisiert?"
Wir alle wissen's, ich verschweig's nicht
länger,
Herr Brodbeck, Chef des Magazins, ist dieser
Sänger.
Er und Herr Riester haben heut' geladen,
zum Abschluß langer Dienst-Dekaden.
Den Dank für dieses Fest - ein Meisterstück -
verbind' ich nun mit einem Blick zurück.
Im Magazin, das ist wohl jedem klar,
ist heute nicht mehr alles so, wie's früher war.
Da paßten überall noch Bücher hin,
es gab noch lang kein Ausweichmagazin.
Doch der Transport ging früher
automatisch!
Seitdem die Bauamtsleute - bürokratisch -
jedoch für Buchtransport die Gelder stoppten,
gehören wir zu den Gefoppten
und fahren mit den Bücherwagen wieder
die Gänge hin und her, im Aufzug auf und
nieder.
Die Zettel waren handgeschrieben:
"...ist's eine Eins oder 'ne Sieben?
Wie soll man
das
Gekritzel dechiffrieren?
Kaum glaublich von Benutzern, die
studieren!"
Benutzersonderwünsche - manchmal eine
Qual -
von Professoren aus dem Sonderlesesaal,
von Gästen aus Amerika,
die nur bis heute abend da.
Mehrfach bei L die Württembergica
durchkämmte der Lokalgeschichtler Schar,
besonders wenn die Universität
ein neues Jubelfest begeht.
Lieber Herr Brodbeck
Ihr angestammtes Magazinrevier
ist seit Urzeiten Stockwerk Nummer vier.
Dort steh'n ganz unterschiedliche Bestände:
besonders viele große Zeitungsbände,
Altsignaturen K und L, von I die Folianten,
Numerus Currens 1 bis 4 und Karten und
Atlanten.
Bei ungebremster Zuwachsmenge
entstand an vielen Stellen Enge.
Für Zeitschriften, Bibliographien
schafften Sie meistens Platz durch Ziehen.
Sie finden sich zurecht dort wie kein zweiter.
Sind Sie in Urlaub, hilft's indes nicht weiter,
denn wenn man glaubt, man sei am Ziel,
wird es im vierten manchmal diffizil:
"Hier steht das Werk nur bis Band 10.
Verflixt, wo könnt' es weitergehn?
Da vorne rechts, gar seitlich hinten?
Band fünfzehn muß ich schließlich finden!
Doch da, versteckt, ein Pappvertreter
weist mir den Weg zum Band:
da
steht er!"
Sie leiten nun mit viel Routine
seit langer Zeit die Magazine.
Beständig galt es einzuteilen,
wer wem soll heut' zu Hilfe eilen,
in welches Stockwerk die Studenten,
der Magaziner fleiß'ge Assistenten.
Ihre Befehle haben manchmal irritiert:
man wurd' nicht gern wie beim Kommiß
geführt.
Doch Kameradschaft gilt Ihnen
auch
viel,
so kam man bei Problemen oft zum Ziel
durch Reden im Kollegenkreis:
für Ihre Führungsstärke der Beweis!
Bei fortgesetzter Stellraumplanung
berieten Sie mit Ihrer Ahnung,
beurteilten die Machbarkeit.
Zu Taten war'n Sie stets bereit.
Sie haben immer viel geschafft,
Ihr Einsatz war stets beispielhaft.
Wir schätzten Ihre Offenheit,
gewiß auch Ihre Fröhlichkeit.
Doch halt - der Worte sind genug!
Das Fest noch weiter zu verzögern, wär'
Betrug.
Statt langen Reden brav zu lauschen
will man doch lieber mit dem Nachbarn
plauschen,
sich an den leck'ren Dingen laben
und endlich seine Ruhe haben.
Deshalb ist's Zeit zum großen Dank an Sie.
Vergessen werden wir Sie nie!
Wer schon im Dienst war meistens heiter,
der mach' im Ruhestand so weiter.
Herzliche Wünsche sollen Sie begleiten.
Genießen Sie, befreit, des Lebens schöne
Seiten!
Dr. Bernd Stutte
Leiter der Benutzungsabteilung
Tel.: 29-72840
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